Trennungsunterhalt - bis zur Scheidung
Die Ehe ist eine Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner, in der die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung gemeinsam bestimmen.
Ob man Kinder haben möchte, wie die Hausarbeit verteilt und wie das Familieneinkommen erwirtschaftet wird, all das entscheiden Ehegatten in eigener Verantwortung, und diese gemeinsamen Entscheidungen werden durch die Trennung nicht von heute auf morgen hinfällig. War ein Ehegatte bisher überwiegend für Haushalt und/oder Kinder zuständig, so muss er nach der Trennung nicht sofort eigenes Geld verdienen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sagt, es bestehe im ersten Jahr der Trennung in der Regel keine Pflicht, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine bereits ausgeübte Tätigkeit auszuweiten (Leitlinien zum Unterhalt, Nr. 17.2, Stand: 01.01.2023).
1) Beginn des Trennungsunterhalts
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt ergibt sich aus dem Gesetz ("Unterhalt bei Getrenntleben", § 1361 BGB), er entsteht aber nicht von selbst, er muss gegenüber dem anderen Ehegatten ausdrücklich geltend gemacht werden. Solange das nicht geschieht, muss nicht gezahlt werden. Die Aufforderung muss deutlich formuliert werden, es reicht z. B. nicht, vom anderen nur "Unterhalt" zu verlangen, weil damit auch Kindesunterhalt oder Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung gemeint sein kann. Wer zweierlei fordert, sollte dies in seiner Aufforderung kenntlich machen, etwa indem er schreibt: "Ich verlange von dir Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt".
Der Anspruch entsteht, sobald der andere Ehegatten diese Aufforderung erhalten hat. Deshalb sollte man von Anfang an dafür sorgen, dass sich der Zugang des Schreibens oder der E-Mail beweisen lässt, für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige später einwenden sollte, er habe nichts bekommen.
Wenn sich das Monatsende nähert, sollte man sich beeilen: Wenn die Aufforderung zum Beispiel am 28.09.2023 beim anderen Ehegatten eingeht, bekommt man den Unterhalt für den gesamten September 2023, rückwirkend ab 1.9., sofern der Anspruch "dem Grunde nach (schon) zu diesem Zeitpunkt bestand" (§ 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB); "dem Grunde nach" bedeutet beim Trennungsunterhalt, man muss am 1.9. getrennt gewesen sein; wer sich erst am 15.9. trennte, bekommt den Unterhalt ab diesem Tag. Geht die Aufforderung erst im Oktober 2023 beim anderen ein, schuldet er den Unterhalt ab 1.10., und nicht rückwirkend seit 1.9. oder 15.9.
2) Lässt sich ein "Nachschlag" verlangen?
Wer schon zu Beginn einen konkret bezifferten Unterhaltsbetrag verlangt, kann seine Forderung in der Regel nicht nachträglich erhöhen, jedenfalls nicht mehr für die Vergangenheit. Der Unterhaltsschuldner soll sich auf seine finanzielle Belastung einstellen können, um zum Beispiel rechtzeitig Rücklagen zu bilden.
Wer seine Forderung als Mindestbetrag versteht, und sich die Möglichkeit offenhalten will, später mehr zu verlangen, auch rückwirkend, muss das klar sagen, etwa indem er dem Unterhaltsschuldner schreibt, dass es sich dabei um einen vorläufigen Betrag handele, und man sich vorbehalte, die eigene Forderung nachträglich zu erhöhen. Allerdings sollte der Vorbehalt konkretisiert werden, damit der andere weiß, warum bisher nur ein Mindestbetrag verlangt wurde, etwa wie folgt:
"Die hier verlangten monatlich ... € sind vorläufig, ich behalte mir vor, meine Forderung zu erhöhen, auch rückwirkend, sobald mir alle Belege vorliegen, die ich für eine vollständige Berechnung benötige. In der Nennung eines konkreten Betrages ist keine Begrenzung und kein teilweiser Verzicht zu sehen."
3) Der sichere Weg: Mit der Auskunft beginnen!
Das Problem mit dem "Nachschlag" stellt sich nicht, wenn man vom Unterhaltsschuldner erst einmal nur Auskunft über sein Einkommen und Vermögen verlangt, um anschließend auf Grundlage der erteilten Auskunft eine verlässliche Unterhaltsberechnung vornehmen zu können. Das Auskunftsverlangen sichert den Unterhaltsanspruch in voller Höhe, so wie er nach dem Gesetz und den tatsächlichen Einkommensverhältnissen besteht. Wer nicht so lange warten will, weil er schon weiß, was der andere in etwa verdient, kann einen Mindestbetrag verlangen - siehe oben -, muss aber klarstellen, dass er gleichwohl eine vollständige Auskunft erwartet.
Das Auskunftsverlangen muss präzise formuliert sein, weil es das Gesetz so will: die Auskunft muss "zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs" verlangt werden, nur dann ist der Schuldner gewarnt, und nur dann lässt sich Unterhalt auch für die Vergangenheit fordern (§ 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Aber auch hier gilt: immer Ross und Reiter nennen, es muss klar sein, für welchen Unterhalt die Auskunft erforderlich ist, also zum Beispiel den Trennungsunterhalt für die Ehefrau und/oder den Kindesunterhalt für das Kind x und das Kind y - damit der Unterhaltsschuldner weiß, was auf ihn zukommt.
Wichtig: Die Sache nicht einschlafen lassen! Wer Auskunft verlangt hat, ist erst einmal auf der sicheren Seite, er kann abwarten, was ihm der andere daraufhin schickt.
Sobald er aber etwas bekommen hat, die Auskunft und/oder die verlangten Belege, muss er den nächsten Schritt machen. Er darf nicht durch Schweigen den Eindruck erwecken, die Sache habe sich erledigt, der Unterhaltsschuldner könnte sonst annehmen, der anfänglich - abstrakt - verlangte Unterhalt werde nicht mehr benötigt.
Unterhalt dient nicht der Vermögensbildung, "unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten" (§ 1602 Abs. 1 BGB). Wer im Anschluss an die Auskunft keine konkrete Forderung erhebt, zeigt, dass er seinen laufenden Lebensbedarf offenbar selbst decken kann.
4) Ende des Trennungsunterhalts
Der Trennungsunterhalt endet mit dem Ende des Getrenntlebens, also spätestens mit Rechtskraft der Scheidung, genauer: einen Tag vorher. Wurde die Scheidung zum Beispiel am 10.6. verkündet und der entsprechende Beschluss am 18.7. rechtskräftig, ist der Unterhalt bis einschließlich 17.7. zu zahlen.
Die Zeit des Getrenntlebens kann auch ohne Scheidung beendet werden, indem sich die Eheleute versöhnen. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt erlischt, sobald sie ihr früheres häusliches Zusammenleben wieder herstellen. Mit der Beendigung der Trennung entsteht wieder ein Anspruch auf Familienunterhalt, der aber eine andere Qualität hat: während Trennungsunterhalt in Geld zu leisten ist, kann Familienunterhalt auch durch Arbeit und Haushaltsführung erbracht werden (§ 1360 BGB).
Achtung: Selbst wenn der Anspruch auf Trennungsunterhalt vom Familiengericht bereits bestätigt und in Höhe eines bestimmten Betrages rechtskräftig festgesetzt worden war, ist die Unterhaltspflicht zu Ende, sobald sich die Ehegatten versöhnt haben. Ein entsprechender Unterhaltstitel wäre wertlos.
Die Unterhaltspflicht kann zudem enden, wenn der Unterhaltsbedarf entfällt. Nimmt der Ehegatte, der zu Beginn der Trennung auf Unterhalt angewiesen war, im Laufe der Zeit eine eigene Erwerbstätigkeit auf, sollte der Unterhalt neu berechnet werden, ausgehend von den aktuellen Einkünften beider Ehegatten.
Gleiches gilt, wenn der Unterhaltspflichtige nicht mehr leistungsfähig ist, etwa infolge eines Unfalls, einer Erkrankung oder durch lange Arbeitslosigkeit. Der Verpflichtete darf die Unterhaltszahlungen aber nicht einfach einstellen. Vor allem wenn der Anspruch bereits tituliert wurde, von einem Familiengericht, muss er bestimmte Formalien einhalten, so muss er zum Beispiel den Unterhaltsberechtigten zunächst zu einem Verzicht auf weiteren Unterhalt auffordern; anschließend muss er - wenn der andere nicht eindeutig verzichtet - beim Familiengericht einen Antrag auf Abänderung bzw. Herabsetzung des Unterhalts einreichen (§ 238 FamFG).
5) Unterhalt - nur mit Rechtsanwalt!
Das Unterhaltsrecht ist eines der schwierigsten Rechtsgebiete des Familienrechts, hier sollte kein juristischer Laie auf eigene Faust tätig werden. Der Beginn, die Höhe und das Ende des Unterhalts werden von vielen Faktoren bestimmt, rechtlichen und tatsächlichen; ein Blick ins Gesetz oder in die Düsseldorfer Tabelle reicht nicht. Außerdem müssen beide Seiten von Beginn an überlegen, wie sich ein vereinbarter oder vom Gericht festgesetzter Unterhalt später wieder abändern lässt.
Wer hier Fehler macht, verschenkt womöglich sehr viel Geld, das kann sowohl für den Unterhaltsberechtigten als auch den Unterhaltspflichtigen in einem finanziellen Ruin enden.
Deshalb hat der Gesetzgeber für die meisten Unterhaltsverfahren vorgeschrieben, dass sich die Beteiligten vor Gericht von einem eigenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, ohne ihn können sie dort keine Anträge stellen, und auch keine einvernehmlichen Regelungen mit der Gegenseite treffen.
Der Erfolg vor Gericht hängt beim Unterhalt maßgeblich von der Vorbereitung ab, also dem, was vor Beginn des Gerichtsverfahrens geschehen ist. Was dort versäumt wurde, ist oft nicht mehr nachzuholen, deshalb sollten Sie sich von Anfang an fachanwaltlich beraten lassen!
Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Familienrecht, Mülheimer Str. 85, 47058 Duisburg (Stadtteil Duissern)