Wer erbt das Mietverhältnis?
1) Vermieter stirbt
Stirbt der Vermieter einer Mietwohnung, gehen die Pflichten aus dem Mietvertrag auf die Erben über (§ 1922, § 1967 BGB). Dies geschieht kraft Gesetzes und von selbst, es müssen dazu keine Erklärungen abgegeben werden, weder von Erben noch von Mietern. Es muss auch kein neuer Mietvertrag geschlossen werden.
Dennoch stellen sich häufig einige Fragen, zum Beispiel: an wen muss der Mieter künftig zahlen?, kann der Erbe kündigen und die Wohnung für sich beanspruchen?
a) Wohin mit der Miete?
Wer als Mieter nicht weiß, wer Erbe des bisherigen Vermieters und damit dessen Rechtsnachfolger ist, kann und sollte die Miete erst einmal zurückhalten.
Wurde der Vermieter von mehreren Personen beerbt, also einer Erbengemeinschaft, muss der Mieter die Miete künftig an diese Gemeinschaft zahlen, also nicht etwa nur an ein einzelnes Mitglied der Erbengemeinschaft. Einzelne Mitglieder wären auch nicht befugt, eine Zahlung an sich selbst zu verlangen, etwa entsprechend ihrem Erbanteil.
Der Mieter ist nicht verpflichtet, eigene Erkundigungen anzustellen, wer Erbe geworden ist. Er kann warten, bis sich der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft bei ihm meldet und den Übergang des Eigentums, genauer gesagt: der Rechte des bisherigen Vermieters, nachweist, durch Vorlage eines Erbscheins oder Grundbuchauszugs.
Er muss auch nicht sogleich befürchten, wegen Mietrückständen seine Wohnung zu verlieren. Der Bundesgerichtshof (BGH) ist der Ansicht, ein solcher Rückstand sei nicht vom Mieter zu vertreten, sondern den Erben, von ihnen könne erwartet werden, dass sie ihre Berechtigung nachweisen (BGH, 07.09.2005, VIII ZR 24/05).
b) Eigenbedarf von Erbe oder Erbengemeinschaft
Der Mieter muss jedoch damit rechnen, dass ein Erbe die Mietwohnung für sich beansprucht, und eine Kündigung wegen Eigenbedarf ausspricht. Das darf er auch dann, wenn er die Wohnung nicht für sich benötigt, sondern für einen "Familienangehörigen" oder einen "Angehörigen seines Haushalts" (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Der Kreis der "Familienangehörigen" kann recht groß sein, es können auch Verwandte sein, die bisher nicht im Haushalt des Erben lebten. "Angehörige des Haushalts" können neben Hausangestellten auch nichteheliche Lebensgefährten und deren Kinder sein, also Personen, mit denen der Erbe nicht verwandt ist.
Der Kreis wird noch größer, wenn der Vermieter nicht von einem einzelnen Erben beerbt wurde, sondern einer Erbengemeinschaft. Auch eine Erbengemeinschaft kann eine Eigenbedarfskündigung aussprechen, sie wird dies in der Regel nicht für sich selbst tun, sondern für eines ihrer Mitglieder, also einen der Erben.
Die Erbengemeinschaft kann auf diese Weise aber nicht nur einem ihrer Mitglieder, sondern auch einem seiner "Angehörigen" usw. zu einer Wohnung verhelfen.
Die Kündigung muss von allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft ausgesprochen werden, sie sollten das Kündigungsschreiben auch gemeinsam unterzeichnen. Außerdem muss in diesem Kündigungsschreiben der Eigenbedarf erläutert werden: um welche Person es geht, und weshalb sie die Wohnung benötigt (§ 573 Abs. 3 BGB).
Es gibt Erbengemeinschaften, die über mehrere Generationen fortgesetzt werden, bei denen einzelne Miterben zwischenzeitlich verstorben und wiederum von weiteren Erben oder Erbengemeinschaften beerbt worden sind. Bei solchen komplexen Gemeinschaften ist es oft nicht einfach, zu erkennen, wer alles dazu gehört. Aber auch hier gilt jedes Mitglied als "Vermieter", und kann für sich oder seine "Angehörigen" diesen Eigenbedarf geltend machen (BGH, 14.12.2016, VIII ZR 232/15).
2) Mieter stirbt
Verstirbt der alleinige Mieter oder verstirbt einer von mehreren Mietern, kann sich das Mietverhältnis mit anderen Personen fortsetzen. Dies geschieht auch hier kraft Gesetzes, ebenso wie beim Tod des Vermieters, ohne dass die Beteiligten hierzu eine Erklärung abgeben müssten.
Schwieriger ist es, festzustellen, mit wem genau das Mietverhältnis fortgesetzt wird, da häufig mehrere Personen in Betracht kommen:
a) Verstorbener war Mitmieter
Gibt es mehrere Mieter, und stirbt einer von ihnen, so setzt sich das Mietverhältnis mit den verbleibenden Mietern fort (§ 563a BGB).
Dafür ist es in der Regel erforderlich, dass der Mietvertrag auf Mieterseite von mehreren Personen unterschrieben wurde. Nimmt der Mieter lediglich eine Person bei sich auf, führt dies nicht sogleich zu einer Erweiterung der Vertragsparteien, auch wenn der Vermieter der Aufnahme seinerzeit ausdrücklich zugestimmt hatte.
Möchte der ehemalige Mitmieter, der nun alleiniger Mieter ist, das Mietverhältnis beenden, etwa weil ihm die Miete zu hoch ist, kann er innerhalb eines Monats ab Kenntnis vom Tod des anderen eine Kündigung aussprechen, mit der gesetzlichen Kündigungsfrist. Dies ist für ihn von Vorteil, wenn es sich um ein befristetes Mietverhältnis (Zeitvertrag) handelt, bei dem eine Kündigung ausgeschlossen ist. Dieses Sonderkündigungsrecht macht es ihm möglich, sich vorzeitig aus dem Vertrag zu lösen.
Der Vermieter hat kein Sonderkündigungsrecht, er muss das Mietverhältnis mit den verbleibenden Mietern fortsetzen.
b) Verstorbener war alleiniger Mieter
War der Verstorbene der alleinige Mieter, ist zunächst zu prüfen, ob in der Wohnung noch weitere Personen leben, die selbst nicht Mieter sind (§ 563 BGB).
(1) Gemeinsamer Haushalt
Eine solche weitere, in der Wohnung lebende Person könnte zum Beispiel der Ehegatte des Verstorbenen sein, sein eingetragener Lebenspartner, oder ein Kind.
Gibt es einen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner, der zum Zeitpunkt des Todes des Mieters in dessen Wohnung lebte, so tritt dieser in das Mietverhältnis ein, ohne dass er dazu irgendwelche Erklärungen abgeben müsste, der Eintritt erfolgt kraft Gesetzes. Er ist nun regulärer Mieter, mit allen Rechten und Pflichten.
Wenn kein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner eintritt, könnte ein Kind des Verstorbenen, auch ein angenommenes Kind, der neue Mieter sein.
Das Gesetz schützt aber auch sonstige "Familienangehörige" des Verstorbenen, auch sie können in das Mietverhältnis eintreten, etwa ein Verlobter oder entfernter Verwandter; aber auch hier ist es erforderlich, dass diese Personen schon vorher mit dem verstorbenen Mieter in der Wohnung zusammenlebten.
Schließlich bleiben noch die Personen, die keine Verwandten des Verstorbenen sind, mit ihm nicht einmal verlobt waren. Also Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften, sei es verschiedenen oder gleichen Geschlechts, auch sie können eintreten, nicht aber bloße Mitbewohner im Sinne einer Wohngemeinschaft.
Wichtig: Wer zu den genannten Personen gehört (Ehegatte, Kind usw.) muss aktiv werden, wenn er nicht Mieter werden möchte. Eine Kündigung ist nicht erforderlich, es ist also auch keine Kündigungsfrist einzuhalten, es reicht die bloße Mitteilung an der Vermieter, man wolle das Mietverhältnis nicht fortsetzen.
Diese Mitteilung an den Vermieter muss jedoch schnell erfolgen, innerhalb eines Monats, gerechnet ab dem Tag, an dem man selbst von dem Tod erfahren hat.
Die Personen, die mit dem verstorbenen Mieter zusammenlebten, sollten diese Mitteilung auf jeden Fall auf den Weg bringen, selbst wenn nicht feststeht, wer von ihnen überhaupt ein Recht auf Eintritt in das Mietverhältnis hätte; die Frist von einem Monat läuft auch für den, der sich insofern nicht ganz sicher ist!
Auch der Vermieter kann sich gegen einen Eintritt wehren, er hat ein Sonderkündigungsrecht, allerdings nur, wenn in der eintretenden Person ein "wichtiger Grund" vorliegt, der es ihm unzumutbar macht, das Mietverhältnis fortzusetzen. Außerdem muss der Vermieter die gesetzliche Kündigungsfrist einhalten.
(2) Verstorbener lebte allein
War der Verstorbene alleiniger Mieter, und lebte er zudem allein, treten seine Erben in das Mietverhältnis ein (§ 564 BGB).
Erklärt ein Erbe die Ausschlagung der Erbschaft, so gilt sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt, weitere Erklärungen gegenüber dem Vermieter sind nicht erforderlich.
Möchte ein Erbe nicht ausschlagen, sondern nur den Eintritt in das Mietverhältnis verhindern, muss er tätig werden, er muss binnen eines Monats ab Kenntnis vom Tod des Mieters eine Kündigung erklären, kündigt er bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats, wird sie zum Ablauf des übernächsten Monats wirksam (§ 573c BGB).
In der Zwischenzeit ist er Mieter, mit allen Rechten und Pflichten aus dem bisherigen Mietvertrag, der Erbe muss also auch die laufende Miete zahlen.
Wird der Verstorbene von mehreren Personen beerbt, einer Erbengemeinschaft, reicht es nicht, wenn nur einer von ihnen das Erbe ausschlägt. Wollen die verbleibenden Erben das Mietverhältnis nicht fortsetzen, müssen sie es kündigen, wichtig: das Kündigungsschreiben muss von allen gemeinsam unterzeichnet werden!
Möchte der Vermieter das Mietverhältnis mit den eingetretenen Erben nicht fortsetzen, so kann auch er kündigen. Einen besonderen Kündigungsgrund benötigt er nicht, er sollte aber schnell tätig werden: dieses Sonderkündigungsrecht hat er nur, wenn er innerhalb eines Monats ab Kenntnis des Todes kündigt.
Wurde der verstorbene Mieter von einer Erbengemeinschaft beerbt, muss der Vermieter die Kündigung gegenüber jedem einzelnen Erben erklären. Leichter ist es für ihn, wenn es einen Testamentsvollstrecker oder einen Nachlasspfleger gibt, dann kann die Kündigung auch diesen gegenüber erklärt werden.
Wenn der Vermieter nicht weiß, wer Erbe des Mieters ist, sollte er sich an das zuständige Nachlassgericht wenden. Sollte dort kein Testament bekannt und auch kein Erbschein beantragt worden sein, kann das Gericht auf seinen Antrag eine Nachlasspflegschaft anordnen (§ 1960, § 1961 BGB).
Wer als Vermieter das Problem des "unbekannten Erben" vermeiden will, sollte schon bei Abschluss des Mietvertrages vereinbaren, dass das Mietverhältnis spätestens mit dem Tod des Mieters endet, auch ohne eine Kündigung; wichtig: stets individuell, nicht über ein Vertragsformular!
Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Erbrecht, Mülheimer Str. 85, 47058 Duisburg (Stadtteil Duissern)