Änderung der Stundenzahl
Zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses sollten zumindest drei Punkte klar geregelt werden: die Art der Tätigkeit, die Dauer der Arbeitszeit, und die Vergütung.
Die Höhe der Vergütung richtet sich in aller Regel auch nach dem Umfang der Arbeitszeit, eine Vollzeitkraft wird am Ende des Monats meist mehr überwiesen bekommen als der teilzeitbeschäftigte Kollege, im Übrigen sind beide aber gleich zu behandeln, eine Schlechterbehandlung von Teilzeitkräften ist verboten (§ 4 TzBfG).
Sollte die zu Beginn vereinbarte Stundenzahl irgendwann nicht mehr passen, aus Sicht des Arbeitgebers oder der Arbeitnehmers, kann sie verändert werden. Solche Änderungen setzen eine Einigung voraus, einen Änderungsvertrag, dem beide Seiten zustimmen, so etwas kann auch mündlich vereinbart werden.
1) Änderung auf Wunsch des Arbeitnehmers
Die einvernehmlichen Änderungen bereiten in der Praxis keine Probleme, konfliktträchtiger sind die Änderungswünsche, mit denen der andere nicht sogleich einverstanden ist.
Aus Sicht des Arbeitnehmers kann sowohl eine Verlängerung als auch eine Verringerung der Arbeitszeit wünschenswert sein. Motiv für eine Erhöhung der Stundenzahl ist häufig der Wunsch nach einem höheren Einkommen. Das Gesetz hilft allerdings kaum, in § 9 TzBfG heißt es nur, der Arbeitgeber habe einen Teilzeitbeschäftigten, der mehr arbeiten wolle, bei der "Besetzung eines (freien) Arbeitsplatzes bevorzugt zu berücksichtigen", es muss also erst einmal eine freie Stelle mit höherer Stundenzahl vorhanden sein.
Leichter ist es für den Arbeitnehmer, eine Reduzierung der Stundenzahl durchzusetzen, wobei sowohl eine dauerhafte als auch eine zeitlich begrenzte Verringerung möglich ist.
a) Dauerhafte Verringerung der Arbeitszeit
Wenn das eigene Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate bestanden hat und der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, kann eine solche Reduzierung verlangt werden, dies muss nicht schriftlich, also nicht auf Papier erfolgen, es reicht Textform, also z. B. per E-Mail oder WhatsApp.
Bei der Mindestbeschäftigtenzahl - 15 Arbeitnehmer - ist das Gesetz großzügig: es reicht, wenn der Arbeitgeber insgesamt mehr als 15 Beschäftigte hat, in dem Betrieb, in dem der betreffende Arbeitnehmer eingesetzt ist, dürfen es auch weniger sein. Bereits vorhandene Teilzeitkräfte zählen voll mit, ebenso Kollegen, deren Arbeitsverhältnis ruht, etwa weil sie in Elternzeit sind (es sei denn, es wurde für sie ein Vertreter eingestellt); Auszubildende bleiben allerdings außen vor.
Der Wunsch sollte frühzeitig formuliert werden, mindestens aber drei Monate vorher, also z. B. bis 25.09.2023, wenn es ab 01.01.2024 losgehen soll.
Eine Begründung muss der Arbeitnehmer nicht angeben, er muss also z. B. nicht offenlegen, dass er überfordert ist oder mehr Zeit für seine Kinder haben will.
Dabei ist konkret anzugeben, um wie viele Stunden die Arbeitszeit reduziert werden soll, außerdem sollte man angeben, an welchen Wochentagen man wieviel arbeiten möchte, das Gesetz spricht insofern vom "Umfang der Verringerung" sowie der "gewünschten Verteilung der Arbeitszeit", § 8 Abs. 2 TzBfG.
Achtung: An die gewünschte Verringerung, also die dabei angegebene Stundenzahl, ist der Arbeitnehmer gebunden, bis der Arbeitgeber dazu Stellung genommen hat, wer also z. B. zunächst zehn Stunden weniger wollte, kann nicht plötzlich acht oder zwölf Stunden verlangen (Bundesarbeitsgericht, 09.03.2021, 9 AZR 312/20).
Anschließend muss der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer sprechen, und er muss dies, so verlangt es das Gesetz, mit dem Ziel tun, zu einer Vereinbarung zu kommen, über den Umfang der Verringerung und die Verteilung, er darf sich also nicht auf ein knappes "Geht nicht!" beschränken. Wer es sich hier zu leicht macht, als Arbeitgeber, trägt das Risiko, in einem späteren Prozess mit seinen Einwendungen nicht mehr gehört zu werden, also den Prozess zu verlieren.
Das bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber stets zustimmen muss, er darf die gewünschte Verringerung ablehnen. Er muss sich dabei aber auf betriebliche Gründe stützen können, etwa eine wesentliche Beeinträchtigung der Betriebsabläufe, oder besonders hohe Kosten, die durch die Teilzeit entstehen (§ 8 Abs. 4 TzBfG).
Was der Arbeitgeber in keinem Fall vergessen darf: Er muss eine etwaige Ablehnung rechtzeitig mitteilen, spätestens einen Monat vor dem vom Arbeitnehmer genannten Stichtag: wurde die Absenkung zum 01.01.2024 verlangt, muss die Ablehnung bis 01.12.2023 erklärt sein, ebenfalls in Textform, also nicht nur mündlich. Lässt er die Frist verstreichen, etwa weil er überhaupt nicht antwortet oder weil seine Ablehnung zu spät kommt, verringert sich die Arbeitszeit in dem verlangten Umfang!
Das Gesetz fingiert also eine Einigung auf eine Verringerung der Stundenzahl, weil der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu lange im Unklaren ließ. Möchte der Arbeitgeber nun wieder zurück zur früheren, höheren Stundenzahl, geht das nur noch über einen Änderungsvertrag oder eine Änderungskündigung.
Was ist zu tun, wenn sich der Arbeitgeber rechtzeitig äußert, also das Verlangen mindestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn ablehnt? Dann muss der Arbeitnehmer eine Klage auf Zustimmung zu der von ihm verlangten Teilzeit erheben, beim örtlich zuständigen Arbeitsgericht. Im Prozess muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, weshalb die Verringerung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist; gelingt ihm das nicht, wird die Arbeitszeit durch Urteil reduziert.
Was ein Arbeitnehmer auf keinen Fall tun sollte: die Arbeitszeit eigenmächtig reduzieren, etwa weil man meint, die Ablehnung sei nicht überzeugend begründet gewesen, denn das könnte den Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung wegen Arbeitsverweigerung berechtigen!
b) Zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit
Wer sich für eine dauerhafte Verringerung entscheidet, muss sich bewusst sein, dass es ein Zurück zur früheren Arbeitszeit nur mit Zustimmung des Arbeitgebers gibt.
Wem das zu riskant ist, oder wer schon weiß, dass er nur vorübergehend mehr Zeit für anderes benötigt, kann sich für eine "Brückenteilzeit" entscheiden, bei der die Arbeitszeit für einen im Voraus exakt festgelegten Zeitraum verringert wird - und sich anschließend automatisch wieder erhöht (§ 9a TzBfG).
Die Brückenteilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz gibt es seit 01.01.2019, davor gab es bereits die Pflegezeit, die eine teilweise Freistellung von der Arbeit zwecks Pflege eines nahen Angehörigen ermöglicht, und die Familienpflegezeit, die aber jeweils andere Voraussetzungen haben und auch anders ausgestaltet sind.
Darüber hinaus gibt es Teilzeitansprüche in verschiedenen Tarifverträgen, z. B. für den öffentlichen Dienst in § 11 TVöD/TV-L.
Bei der Brückenteilzeit hat der Gesetzgeber einen Rahmen vorgegeben, einen Zeitraum, für den eine Arbeitszeitverringerung verlangt werden kann: er muss mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre betragen. Außerdem muss der Arbeitgeber mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigen, damit ein Anspruch besteht, und er kann die Verringerung leichter ablehnen, etwa mit der Begründung, bei ihm seien bereits relativ viele Arbeitnehmer in Teilzeit beschäftigt.
Während der laufenden Brückenzeit, also der zeitlich begrenzten Verringerung der eigenen Arbeitszeit, kann keine weitere Verringerung verlangt werden, aber auch keine Erhöhung, etwa zurück zur früheren Vollzeit, man ist also womöglich für mehrere Jahre festgelegt (§ 9a Abs. 4 TzBfG).
2) Änderung auf Wunsch des Arbeitgebers
Der Wunsch nach einer Erhöhung oder Verringerung der Stundenzahl kann aber auch vom Arbeitgeber ausgehen. Wenn im Betrieb über längere Zeit sehr viel zu tun ist und sich der Arbeitsanfall mit Mehrarbeit bzw. Überstunden nicht mehr bewältigen lässt, hat ein Arbeitgeber verschiedene Möglichkeiten: er kann Personal einstellen, er kann auf "Leiharbeiter", also externe Personaldienstleister zurückgreifen, und er kann seine bereits vorhandenen Teilzeitkräfte bitten, dauerhaft mehr zu arbeiten.
Letzteres setzt eine Änderung des Arbeitsvertrages voraus, weil die Arbeitszeit zu dessen Kernelementen gehört, ebenso wie die Vergütung und die Art der Tätigkeit. Solange beide Seiten dasselbe wollen, in diesem Fall eine Erhöhung der Stundenzahl, ist eine Änderung schnell vereinbart, das geht auch mündlich.
Schwierig wird es, wenn die Teilzeitkraft das Angebot des Arbeitgebers ablehnt, also nicht zusätzliche Stunden arbeiten will. Dann könnte der Arbeitgeber auf die Idee kommen, das Arbeitsverhältnis mit dem sich weigernden Arbeitnehmer zu kündigen und stattdessen eine Vollzeitkraft einzustellen.
a) Grundsatz: Kündigung verboten
Eine solche Kündigung ist verboten, sie wäre rechtlich unwirksam, weil sie gegen ein Gesetz verstößt (§ 134 BGB). Das Gesetz ist in diesem Fall der § 11 TzBfG, danach darf einem Arbeitnehmer wegen seiner Weigerung, von einem Teilzeit- in ein Vollzeitarbeitsverhältnis zu wechseln, nicht gekündigt werden.
Das Gleiche gilt umgekehrt, auch eine Kündigung wegen der Weigerung, von einer Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle zu wechseln, also Stunden abzugeben, wäre rechtlich unwirksam.
Das Verbot ist stets zu beachten, auch in Kleinbetrieben mit weniger als zehn Arbeitnehmern, in denen das Kündigungsschutzgesetz meist nicht gilt (§ 23 KSchG).
Auf das Verbot können sich auch die Arbeitnehmer berufen, deren Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate bestanden hat (§ 1 Abs. 1 KSchG).
b) Ausnahme: Kündigung teilweise erlaubt
Wenn ein Arbeitgeber meint, sein Geschäft sei rückläufig, die verbleibende Arbeit könne auch mit weniger Mitarbeitern erledigt werden, könnte er sich entschließen, das eine oder andere Arbeitsverhältnis zu kündigen. Beschäftigt er mehr zehn Arbeitnehmer (teilweise reichen auch fünf), muss er das Kündigungsschutzgesetz beachten, kündigen kann er nur, wenn es betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt nicht mehr anders geht, es also wirklich notwendig ist (§ 1 Abs. 2 KSchG).
Es ist z. B. nicht notwendig, ein Arbeitsverhältnis komplett zu kündigen, wenn es dem Arbeitgeber in erster Linie darum geht, die Stundenzahl zu reduzieren. Wenn sich das Ziel mit einer Änderungskündigung erreichen lässt, wäre eine Beendigungskündigung unverhältnismäßig und unwirksam.
Aber auch das eigentlich mildere Mittel der Änderungskündigung kann unwirksam sein. Etwa wenn einer Vollzeitkraft gekündigt und ihr angeboten wird, in Zukunft als Teilzeitkraft zu arbeiten, ohne dass dem ein unternehmerisches Konzept zugrunde liegt. Erforderlich wäre eine Organisationsentscheidung, die nicht nur beschlossen, sondern auch tatsächlich durchgeführt wurde. Die Organisationsentscheidung darf sich nicht darauf beschränken, Kündigungen auszusprechen.
Deshalb verlangen die Arbeitsgerichte, dass ein Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess darlegt, wie sein Konzept aussieht, welche Organisationsentscheidungen er getroffen hat, und inwieweit dadurch der Bedarf z. B. an Vollzeitkräften entfallen ist. Der Arbeitnehmer kann anschließend darlegen, weshalb er das nicht glaubt, weil sich z. B. die realen Abläufe im Betrieb in Wirklichkeit überhaupt nicht geändert hätten, und es nur darum gehe, ihn aus dem Betrieb zu drängen.
Eine Änderungskündigung kann aber auch dann unwirksam sein, wenn sie darauf abzielt, eine Teilzeitkraft zu zwingen, wieder Vollzeit zu arbeiten. Oben wurde gezeigt, dass sich die Arbeitszeit reduziert, wenn ein Arbeitnehmer es verlangt und der Arbeitgeber nicht rechtzeitig widerspricht (§ 8 Abs. 5 TzBfG). Möchte der Arbeitgeber nun zurück zur Vollzeit, geht das nur noch mit Zustimmung des Arbeitnehmers, er darf nicht einfach eine Änderungskündigung aussprechen.
Das Bundesarbeitsgericht hat eine solche Änderungskündigung für unwirksam erklärt, weil sie dem Gesetzesziel widerspreche: Teilzeitstellen sollten es Beschäftigten ermöglichen, Beruf und Familie besser zu vereinbaren (BT-Drucksache 14/4374). Wenn eine Verringerung der Arbeitszeit zu einer Beeinträchtigung des Betriebes führe, müsse ein Arbeitgeber so etwas frühzeitig vorbringen, nicht erst im Kündigungsschutzprozess (BAG, 20.01.2015, 9 AZR 860/13).
Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mülheimer Str. 85, 47058 Duisburg (Stadtteil Duissern)